Die „Beglaubigung“ der Übersetzung

Die meisten Übersetzerinnen und Übersetzer, die Urkunden und andere Dokumente übersetzen, bieten auf ihrer Website „beglaubigte“ Übersetzungen an. Was darunter gemeint ist, wird allgemein verstanden, die Bezeichnung hat sich eingebürgert. Die Mehrheit der Kundinnen und Kunden sucht unter diesem Begriff nach einer „amtlich anerkannten Übersetzung“.

Selbstverständlich möchte ich gefunden werden, daher biete auch ich auf meiner Website „Beglaubigte Übersetzungen“ an und verweise damit auf solche, die von Gerichten, Ämtern und Universitäten anerkannt werden.

Doch der Reihe nach.

Was ist eigentlich eine Beglaubigung?

Bei der Beglaubigung einer Zweitschrift (auch Abschrift oder Kopie) wird die (wörtliche) Übereinstimmung mit dem Originaldokument bestätigt. Der Inhalt des Schriftstückes wird dabei nicht geprüft. Bei der Beglaubigung einer Unterschrift wird bestätigt, dass sie von einer bestimmten Person stammt. Nimmt ein Notar die Beglaubigung vor, spricht man von einer öffentlichen Beglaubigung. Eine amtliche Beglaubigung liegt hingegen vor, wenn eine Behörde, die ein Dienstsiegel führt, diese vornimmt. Siegelführende Behörden sind zum Beispiel Stadt-, Kreis- und Gemeindeverwaltungen, Behörden, Polizei, Gerichte oder öffentlich-rechtlich organisierte Kirchen.

Wer welche Dokumente beglaubigen darf und in welchen Fällen eine öffentliche oder eine amtliche Beglaubigung gefordert wird, ist allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Es ist ein hochkomplexes Thema, doch für mein Anliegen genügt diese kurze Einführung.

Eine Beglaubigung ist allgemein eine Bescheinigung, dass eine Kopie mit dem Original übereinstimmt und dass eine Unterschrift von der angegebenen Person stammt.

Werden Übersetzungen beglaubigt?

Nun sind Übersetzungen aber keine Kopien und auch keine Unterschriften. Übersetzungen sind Übersetzungen.

In meiner Ermächtigung vom Landgericht Berlin heißt es, ich werde „ermächtigt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihr [also von mir] gefertigten Übersetzung einer Urkunde […] zu bescheinigen (§ 142 Abs. 3 Zivilprozessordnung). Die Ermächtigung erstreckt sich nicht auf die Bescheinigung, dass eine Abschrift mit der Urschrift übereinstimmt oder eine Ablichtung ein vollständiges Lichtbild der Urschrift ist.“

Heißt: Ich darf die Richtigkeit und Vollständigkeit meiner Übersetzung bescheinigen/bestätigen, Kopien beglaubigen darf ich aber nicht.

Übersetzungen werden nicht beglaubigt. „Beglaubigte“ Übersetzungen gibt es nicht.
Es gibt entweder bestätigte oder bescheinigte Übersetzungen oder aber beglaubigte Kopien.

Oft ist auch von einer öffentlichen oder amtlich anerkannten oder offiziell anerkannten oder gar beeidigten oder vereidigten Übersetzung die Rede. Das sind alles Umschreibungen, falsche Ableitungen oder gar Rückübersetzungen aus anderen Sprachen, in denen – übersetzt – andere Bezeichnungen als in Deutschland üblich sind. Die Vielfalt an Begrifflichkeiten zeigt nur, dass wir Übersetzerinnen und Übersetzer Aufklärungsarbeit leisten müssen, um das Thema für das Publikum transparenter zu machen.

Was macht eine bestätigte/bescheinigte Übersetzung aus?

Das Kernstück einer bestätigten/bescheinigten Übersetzung ist die sogenannte „Bestätigungsformel“. Meine lautet für Übersetzungen aus dem Spanischen ins Deutsche zum Beispiel so:

Die Richtigkeit und Vollständigkeit vorstehender Übersetzung aus der spanischen in die deutsche Sprache wird hiermit bestätigt.

Für Übersetzungen aus dem Französischen ändere ich dementsprechend die Sprachangabe. Anschließend erwähne ich, in welcher Form mir der Ausgangstext vorlag und in welcher er beigefügt wird und nenne mein Aktenzeichen. Gültig ist sie nur in ausgedruckter Form mit Datum, Unterschrift und – wo gesetzlich vorgeschrieben – Stempel. Als PDF mit elektronischer Signatur wird sie leider (noch) kaum anerkannt.

Für den genauen Wortlaut dieser Formel gibt es (zumindest in Berlin) keine Vorgaben, und da die Gesetzgebung für das Anfertigen von bestätigten Übersetzungen Ländersache ist, schon gar keine bundeseinheitliche Regelung.

Ermächtigt, vereidigt, beeidigt oder öffentlich bestellt?

Auch hat jedes Bundesland seine eigene Betitelung für die Urkundenübersetzerinnen und Urkundenübersetzer, was natürlich dafür sorgt, dass das Ganze für die Kundinnen und Kunden noch undurchschaubarer wird. Es gibt öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Übersetzer, ermächtigte Übersetzer, vereidigte Übersetzer usw. Ich selbst bin vom Landgericht Berlin ermächtigte Übersetzerin.

Wichtig zu wissen: Auch wenn die Bezeichnungen unterschiedlich sind, ist die damit einhergehende Befugnis laut § 189 Abs. 2 GVG (in meinem Fall die gerichtliche Ermächtigung) vor allen Gerichten des Bundes und der Länder gültig. Meine in Berlin bestätigten Übersetzungen werden somit deutschlandweit anerkannt.

Ob „öffentlich bestellter“, „vereidigter“, „beeidigter“ oder „ermächtigter“ Übersetzer:
Alle haben vor Gericht einen allgemeinen Eid abgelegt und sind befugt, bestätigte Übersetzungen anzufertigen.

Gemäß der Verordnung (EU) 2016/1191 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 werden meine bestätigten Übersetzungen auch in Spanien anerkannt – nur ist eventuell davon auszugehen, dass nicht jede spanische Behörde diese Verordnung kennt. Für Frankreich dürfte dies ebenfalls zutreffen, allerdings biete ich keine Übersetzungen ins Französische an. Für die Anerkennung im Nicht-EU-Ausland (in meinem Fall Hispanoamerika) ist in der Regel eine Überbeglaubigung/Legalisierung oder eine Apostille erforderlich. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter Service-Portal Berlin.

Für mehr Transparenz

Angesichts der Vielfalt an Bezeichnungen für ein und dieselbe Sache wäre schon die Verwendung der korrekten Begriffe „Bestätigte Übersetzung“ und „Bescheinigte Übersetzung“ sehr hilfreich. Im Idealfall einigt man sich auf nur einen davon. Eine einheitliche Betitelung für die ohnehin bundesweit anerkannten Urkundenübersetzerinnen und Urkundenübersetzer würde ebenfalls dazu verhelfen, dass die Öffentlichkeit und vor allem unsere Kundinnen und Kunden besser verstehen, worum es bei unserer Dienstleistung überhaupt geht.

Beispiel aus dem Übersetzeralltag

Immer wieder werde ich gebeten, Kopien zu beglaubigen, Schriftstücke aufzusetzen oder Dokumente zu beurkunden. Das sind alles Tätigkeiten, für die nur Notare und andere öffentliche Stellen befugt sind. Allein dies zeigt deutlich, dass die Bezeichnung „beglaubigte Übersetzung“ irreführend ist, denken die Kundinnen und Kunden doch, dass wir befugt sind, „wie ein Notar zu beglaubigen“. Dabei sind wir Übersetzerinnen und Übersetzer „nur“ befugt, die Richtigkeit unserer eigenen Übersetzung zu bestätigen bzw. zu bescheinigen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


Unter Beglaubigte Übersetzung oder einfach in den FAQ erfahren Sie beispielsweise, was eine bestätigte Übersetzung ausmacht, wer Übersetzungen bestätigen darf, wie der Ablauf ist usw.

Sie benötigen eine beglaubigte Übersetzung Spanisch-Deutsch/Deutsch-Spanisch oder Französisch-Deutsch? Schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an!

Mein Name ist Adriana Netz und ich bin Übersetzerin für Spanisch, Französisch und Deutsch. Ich übersetze überwiegend Urkunden, Rechtstexte und Literatur aus dem Spanischen.

In meinem Blog Über den Schreibtischrand berichte ich von meinem Berufsalltag als Übersetzerin und greife dabei auch gern das Interessante, Schöne, Nervige und Skurrile auf, was sich neben meinem Schreibtisch so abspielt.

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